Antwort auf den Leserbrief «Rückgrat und Weitsicht?» von Urs Kindle, der am 10. März im «Volksblatt» publiziert wurde.
Sie rufen die gewählten Volksvertreter allen Ernstes dazu auf, ein höchstrichterliches Urteil zur Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare zu ignorieren? Sie rufen ernsthaft dazu auf, die Europäische Menschenrechtskonvention zu ignorieren? Sie zitieren tatsächlich einen emeritierten Papst, der gemäss unabhängigen Untersuchungen in mindestens einem Fall einen kinderschändenden Priester aus einem anderen Bistum im eigenen Bistum eingesetzt hat? Wohlverstanden, dies mit dem immer gleichen Totschlagargument «Kindeswohl»! Die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare sichert gerade das Ihnen so wichtige Kindeswohl all derjenigen Kindern, die bereits in «Regenbogenfamilien» leben. Oder dient es in Ihren Augen dem Kindeswohl, ein Kind beim Tod des leiblichen Elternteils dem miterziehenden Partner zu entreissen? Trotz langjähriger, zwischenmenschlicher Bindung und Vertrauen? Ist hier das gelebte Kindeswohl plötzlich nichts mehr wert, bloss weil es Ihren ideologischen Vorurteilen widerspricht? Was folgt denn später noch? Frei weitergesponnen nach Ihren wiederholten Vorwürfen der «Salamitaktik» gegenüber den Forderungen von queeren Menschen:
¬ Staatlicher Kindesentzug leiblicher Kinder, sollte sich ein Elternteil eines Tages für eine gleichgeschlechtliche Beziehung entscheiden?
¬ Genereller staatlicher Kindesentzug von Kindern in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften?
¬ Zwangssterilisation bei in Ihren Augen erziehungsunfähigen Erwachsenen?
¬ Aufzucht aller Kinder in ihnen angenehmer, ideologischer Umgebung, allenfalls gleich als Verdingkinder?
¬ Registration aller queerer Menschen?
¬ Wiedereinführung der Ächtung und des gesetzlichen Verbots der Homosexualität? Idealerweise noch mit Todesstrafe à la Scharia?
Nein, natürlich werden Sie dies nicht fordern, sie lehnen die Salamitaktik ja ab und profilieren sich neuerdings gerne als «homo-freundlich»…
Ihre ablehnende Haltung ist Ihr freies Recht, welches Ihnen ebenso wenig abgesprochen wird wie Ihr Recht auf freie Meinungsäusserung. Aber den gesetzlichen Rahmen unseres Staates inklusive Gerichtsbarkeit, welcher eben auch Ihre Rechte auf Meinungsfreiheit sichert, wollen wir schon noch einhalten, gell?
Stefan Marxer, Bölsbrunna 6, Eschen