US-Wahlen
Sehr geehrter Herr Rick,
als ich Ihre Ansicht vom 15. November («Vaterland», Seite 13) gelesen habe, hat es mir fast die Sprache verschlagen. Menschlichkeit – ein Begriff, der genauso weit von ihrer Ansicht entfernt ist wie eine nachvollziehbare Argumentation.
Auf der einen Seite plädieren Sie für Meinungsfreiheit. Auf der anderen Seite verurteilen Sie Personen und Medien, die ihre Meinung über den neuen US-Präsidenten äussern. Auf der einen Seite beklagen Sie eine soziale Ächtung von Meinungen. Auf der anderen Seite sind es genau diese Meinungen des neuen US-Präsidenten, mit welchen er andere Menschen sozial ächtet. Auf der einen Seite werfen Sie den Mainstream-Medien vor, kein ausgewogenes Bild zu bieten. Auf der anderen Seite veröffentlichen Sie diesen Vorwurf in einem Mainstream-Medium.
Fast jedes Recht ist beschränkt, auch die Meinungsfreiheit. So findet die Meinungsfreiheit beispielsweise ihre Grenzen in Äusserungen, welche dem Sinn der Menschenrechte entgegenlaufen (EGMR, M’Bala M’Bala gg. Frankreich, Nr. 25239/13). Wenn der neue US-Präsident nun gewisse Gruppen von Menschen bewusst herabwürdigt – seien es Schwarze, Mexikaner, Latinos, Muslime oder Frauen – dann führt dies zurecht zu breiter gesellschaftlicher Ablehnung. Dadurch zeigt die Gesellschaft, dass sie Menschenrechte hochhält.
In jedem Fall nehme ich Ihr Angebot zu einem offenen Diskurs gerne an. Um Ihnen die Angst vor anderen Menschen zu nehmen, schlage ich vor, dass wir gemeinsam das Flüchtlingsheim oder die muslimische Gemeinde in Liechtenstein besuchen. Gespannt erwarte ich Ihre Rückantwort.
Robin Schädler,
Stadel 16c, Balzers